Review: "Contact" USA 1997 Regie: Robert Zemeckis Darsteller: Jodie Foster, Matthew McConaughey, Tom Skerrit, Angela Bassett, John Hurt
*** 1/2 von ****
"Contact" ist eigentlich kein Science-fiction - Film. Es geht kaum um "Science", und von "Fiktion" kann gleich gar nicht die Rede sein. "Contact" ist auch kein Actionbrueller, der alle dreissig Sekunden einen Lacher und alle drei Minuten eine nukleare Explosion bietet. "Contact: Weckt mich, wenn was passiert" hiess ein langer Thread in einer englischsprachigen Newsgruppe. Dennoch (oder vielleicht sogar deshalb) ist "Contact" einer der besten Filme des Jahres 1997.
Wie reagiert eine Welt, die ploetzlich erfahren muss, dass sie nicht die einzig Leben spendende im Universum ist? Wir wissen aus Geschichtsbuechern, welche Verwerfungen die wissenschaftlichen Revolutionen der Vergangenheit durch Kopernikus, Galilei, Darwin und Einstein ausgeloest haben. Und heute? "Contact" zeigt die Verwurstung eines epochemachenden Ereignisses durch die Medienmaschinerie der Gegenwart: Schrille Schlagzeilen, wichtelnde TV-Reporter, fade Late Night - Witzchen, hohles Politikergeschwaetz, Massenhysterie, Kommerzialisierung. Muehelos gelingt es, das wichtigste Ereignis der Menschheitsgeschichte auf alltaegliches Normalmass zurechtzustutzen. Fuer die Medien ist der Kontakt zur Wega zuerst ein Quotenrenner. (Es erscheint passend, wenn CNN einer der Hauptdarsteller des Films geworden ist.) Die Politiker denken reflexhaft an die Auswirkungen auf ihre Wiederwahl. Die Profis in den Hinterzimmern managen die Situation so routiniert und effizient wie eine beliebige Krise auf dem Aktienmarkt oder im Schlafzimmer des Praesidenten. Und auch die Wissenschaftler sind heute im Showbusiness taetig, springen behende auf die neuste durchs Dorf gejagte Sau, auf der Jagd nach Foerdermitteln und persoenlichem Ruhm. Realistisch und bissig zeichnet "Contact" ein Bild dieser unserer Welt, in der eine besessene junge Wissenschaftlerin und ein spleeniger Multimilliardaer die einzigen normalen Menschen zu sein scheinen.
"Contact" ist die Verfilmung eines Romans des verstorbenen Wissenschaftlers Carl Sagan, der in den 70er Jahren zu den beredtesten Propheten eines universellen Weltbildes gehoerte. Er war das Vorbild zu jener Figur in Spielbergs "Close Encounters", die von dem franzoesischen Regisseur Francois Truffaut gespielt wurde. Sagan vermittelte seinen Fans das kindliche Staunen, das er beim Blick ins All empfand. Dieses Staunen versucht auch der Film bei uns auszuloesen, eine schwierige Aufgabe in einer Zeit, in der die Kinogaenger an brennende Galaxien und Warp-faehige Raumgleiter gewohnt sind. Jodie Foster ist eine Wissenschaftlerin, die im All nach sich selbst sucht, nach der Wahrheit, nach dem Sinn des Lebens. Altmodischer Kram, von dem wir uns heute meist erfolgreich abzulenken wissen. Und gelegentlich kann man hoeren, dass diese Wahrheitssuche eigentlich die Suche nach Gott ist. So ist Jodie Fosters junge Astronomin auch eine der wenigen spirituellen Gestalten des Films, obwohl ihr Atheismus und die ehrliche Antwort auf die Gretchenfrage sie beinahe die Erfuellung der Kindheitstraeume kosten. Die verwirklichen sich schliesslich in den Weiten des Alls. Doch die Reise der Menschheit ist damit noch keineswegs zu Ende. Es ergeben sich mehr Fragen als Antworten, und am Ende ist wieder alles eine Sache des Glaubens geworden. Denn der Film bietet keine jener beliebten Hollywood-Loesungen, die doch kaum bis vor die Tuer des Kinos tragen.
Diesen schwierigen Stoff in einen spannenden Film verwandelt zu haben, ist keine geringe Leistung. "Contact" ist ehrgeizig und meist erfolgreich. Die Schwaechen des Films werden bei weitem von seinen Staerken aufgewogen. "Contact" muss Kompromisse schliessen, zwischen jenen, die gerne noch etwas mehr in die komplexe Thematik eingestiegen waeren und jenen, die vor allem kurzweilig unterhalten sein wollen. So sind Brueche in der Handlung unvermeidbar und obwohl die Realitaet ihr haessliches Haupt sehr deutlich erheben darf, ist der Film im Detail nicht realistischer als "Independence Day". Robert Zemeckis ist auch nicht der Regisseur, der billigen Effekten aengstlich aus dem Weg gehen wuerde. Aber er beweist in "Contact" doch wieder seine Faehigkeiten im Umgang mit Schauspielern. Zumindest laesst er ihnen mehr Platz als Saurier, Schaben und wildgewordene Kreuzfahrtschiffe.
"Contact" ist ein Jodie Foster - Film. Das intellektuelle Wunderkind des amerikanischen Films loeste erst kuerzlich wieder Neid und Sarkasmus bei den Landsleuten aus. Zuerst weigerte sie sich strikt, einen Kommentar zum Tod der Lady Di abzugeben - und sagte dann doch etwas, was der hechelnden Oeffentlichkeit wie eine Ohrfeige erschien. Dann wurde ruchbar, sie habe in perfektem Franzoesisch ein TV-Interview in Europa gegeben. So eine kann keine wirkliche Amerikanerin sein. Dafuer ist sie sehr wahrscheinlich die groesste Schauspielerin, die Hollywood momentan zu bieten hat. Keine andere Darstellerin der letzten zehn Jahre hat eine Multimillionenproduktion derart dominieren duerfen. Wenige andere waeren dazu in der Lage gewesen. Fosters nuancenreiche Charakterstudie ist brillant und laesst doch Raum fuer einige weitere hervorragende Leistungen: John Hurts herrliche Ueberzeichnung des verrueckten (?) Milliardaers Howard Hughes, Tom Skerrits Darstellung des opportunistischen Wissenschaftlers und Rivalen Fosters, Angela Bassett als knochenharte Stabschefin des US-Praesidenten und James Woods in einer Paraderolle als schmieriger Politkarrierist. Wer sie fuer Klischeefiguren haelt, ist noch nie einem von der Sorte begegnet. Matthew McConaughey ist wenig mehr als huebsche Staffage, er spielt den Part, der sonst den weiblichen "Hauptrollen" zugedacht wird (und den Sandra Bullock in "A Time to Kill" an Matthews Seite spielen musste).
Auch Bill Clinton wirkt unfreiwillig mit in diesem Film. Seine Ansprachen sind real, also ohne Substanz, und so passen sie problemlos zu jeder denkbaren Krise. Das ist eines der huebschesten und entlarvendsten Details des Films.
(A review by Harald Spyra)
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